Botschafter der Schattenarmee

Heute (25.4.2018) ist mein erster zweiter Geburtstag. Heute vor genau einem Jahr fand meine Stammzelltransplantation statt, ohne die ich nicht überlebt hätte.

Aus aktuellem Anlass wird im heutigen Kapitel der Erzählfluss unterbrochen. Letztes Wochenende gab es in Köln mit Betroffenen unterschiedlicher Krebs-Leiden ein Blogger-Treffen, den Botschaftern der Schattenarmee…

Unsere Armee besteht aus rund 500.000 neuen Kämpfern – jedes Jahr. Nur etwa die Hälfte überlebt diesen Krieg – jedes Jahr. Den wenigsten ist die Dimension dieses Gemetzels bewußt. Der Kampf findet häufig im Verborgenen statt, meist in den Onkologie-Stationen und -Praxen dieser Republik. Wer von ihnen hätte schon gedacht, einmal zu dieser Schattenarmee berufen zu werden. Am wenigsten wohl ich. Aber nun gehöre ich dazu und kämpfe unfreiwillig diesen Kampf ums Überleben und zurück ins Leben. Jeder kleine Triumph wird groß gefeiert und in die Welt hinaus getragen, denn mit jedem kleinen Sieg können viele Betroffene neue Hoffnung schöpfen.

Einige der Botschafter, die ihren Kampf mit der Öffentlichkeit teilen, haben sich vergangenes Wochenende bei einem Blogger-Treffen* zusammengefunden (alphabetische Reihenfolge):

Die Blogger

Diagnose: Brustkrebs

Bloggerin seit 2017

Blog&Links: Kick Cancer ChickFacebookInstagram

Diagnose: Leukämie (ALL)

Blogger seit 2017

Blog & Links: Leukofight, Facebook, Instagram

Diagnose: Darmkrebs

Blogger seit 2013

Blog & Links: Canceling CancerFacebookInstagram

Diagnose: Schilddrüsenkrebs papilär und Metastasen

Bloggerin seit 2016

Blog & Links: FacebookInstagram

Diagnose: Mundbodencarzinom mit Befall und Perforation eines Halslympfknotens

Blogger seit 2015

Blog: Facebook

Diagnose: Pleomorphes Sarkom (sehr bösartig)

Bloggerin seit 2013

Blog: krebstierchen.de

Diagnose: Brustkrebs

Bloggerin seit 2015

Blog: Krebskillerin

Diagnose: Gehirntumor Astrozytom WHO grad 3

Blogger seit 2015

Links: Facebook, Instagram

Diagnose: Brustkrebs

Bloggerin seit 2016

Blog & Links: mairose42FacebookInstagramFotoblog

Diagnose: Mukoepimoid Karzinom low grade

Bloggerin seit 2017

Blog & Links: FacebookInstagram

Diagnose: Lymphknotenkrebs mit Autoimmun Neithophilie

Bloggerin seit 2015

Blog & Links: FacebookInstagram

Diagnose: Dottersackkrebs

Bloggerin seit 2016

Blog & Links: Krebs hat ein GesichtFacebookInstagram

Warum tragen wir unseren Kampf so öffentlich aus? Zwei der wichtigsten Gründe sind:

1. Anderen Betroffenen Hoffnung und Informationen geben.

2. Dem Umfeld klar machen, was es bedeutet, gegen den Krebs zu kämpfen.

Denn Krebs ist in erster Linie ein unbekannter Gegner. Manchmal – wie bei mir – komplett unsichtbar und manchmal – etwa durch operative Eingriffe – sofort sichtbar. Krebs ist so facettenreich, dass jeder Betroffene einen ähnlichen aber doch eigenen Kampf kämpfen muss. Das spiegelt schon alleine die Anzahl an Zytostatika (Chemotherapie-Medikamente) wieder: Laut Wikipedia-Artikel gibt es über 65 GRUPPEN von Zytostatika. Da wird schnell klar, dass in diesem Dschungel nur wenig Rückschlüsse vom einen auf den anderen Krebs gemacht werden können, was Heilbarkeit, Therapieart oder Überlebenschance betrifft. Was aber alle von uns Botschaftern (und alle anderen Betroffenen) gemeinsam haben sind Nebenwirkungen und Kollateralschäden am eigenen Körper in unterschiedlicher Ausprägung. Und die Konfrontation mit dem eigenen Tod – einem der größten Tabuthemen unserer Gesellschaft.

Über diese und viele weitere Themen haben wir an diesem gemeinsamen Tag gesprochen und diskutiert. Zusätzlich gaben uns verschiedene Referenten auch einige interessante Hintergrundinfos. Ein wertvoller Tag, bei dem sich Leidensgenossen zu einer Gruppe vereinten. 

Wir, die Botschafter der Schattenarmee, kämpfen nun gemeinsam weiter. Wir vereinen unsere Kräfte und vielleicht war dieses Treffen ja ein Startschuss für etwas Neues. Vielleicht beginnt hier eine neue Bewegung, die immer wieder an die erschreckenden Zahlen erinnert (aktuell über): 500.000 neue Krebsdiagnosen jährlich und 250.000 Todesfälle durch Krebs. Schattenarmee und Gefallene wachsen jedes Jahr (s. Externe Effekte). Es wird Zeit zum Gegensteuern! Dafür Kämpfen wir gemeinsam! 

LeukoFight!

*Zur Transparenz: Organisator und Gastgeber war die Firma Janssen (Tochterunternehmen vom Pharma-Konzern Johnson&Johnson – USA). Für uns Blogger wurden die Fahrtkosten übernommen, die Location und das Essen gestellt, sowie für einige mit langer Anreise auch ein Hotelzimmer bezahlt. (Ich selber bin bei Verwandten in der Nähe von Köln untergekommen, weil ich sie nach meiner stationären Therapie endlich mal wieder sehen wollte.)

Uns Krebs-Bloggern ist bewußt, dass dies eine zweischneidige Angelegenheit ist. Es könnte der Eindruck entstehen, dass ein Pharma-Konzern uns als Influencer und Sprachrohr für Krebspatienten zur Image-Steigerung gewinnen möchte. Vielleicht steckt da ein Stück Wahrheit drin.

Andererseits gibt es (zumindest so weit ich informiert bin) in Deutschland keine Organisation oder Firma, die solche wichtigen Treffen kostenneutral für die Beteiligten gestaltet. Jede Kebsart hat ihre eigene Nische – kein Blick über den Tellerrand. Und es ist eine Sache, sich per Facebook oder anderem sozialem Medium ein paar Likes zu schenken oder ein bisschen zu chatten. Ein echtes Treffen schafft ein ganz anderes „Zusammen“ und hilft uns, unsere Positionierung als Botschafter zu verfeinern: Gemeinsames, stärkeres, gezielteres Auftreten, bessere Auffindbarkeit für Hilfe Suchende und vieles mehr. Eine Medaille hat eben immer zwei Seiten.

Weiterlesen im nächsten Kapitel: